_Zusammenfassung
Das Omnibus-Vereinfachungspaket der Europäischen Union und die „Stop-the-Clock“-Richtlinie stellen die bedeutendsten Änderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa seit der Einführung der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und der EU-Taxonomie-Verordnung dar.
Das Paket wurde entwickelt, um Bürokratie abzubauen und den Verwaltungsaufwand für KMU zu verringern. Es führt zu tiefgreifenden Veränderungen, die sich auf Finanzinstitute und deren Ansatz in Bezug auf Nachhaltigkeitsberichterstattung und Risikomanagement auswirken.
Das Omnibus-Paket: Eine strategische Neukalibrierung?
Das erste Omnibus-Vereinfachungspaket der EU entstand aus dem wachsenden Druck, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele aufrechtzuerhalten. Die Initiative zielt auf fünf Schlüsselbereiche ab: die CSRD, die EU-Taxonomie-Verordnung, die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD), den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und die InvestEU-Programme.
Die drastischste Änderung im Rahmen des jüngsten CSRD-Vorschlags betrifft die Anhebung der Schwelle für den Anwendungsbereich von 250 auf 1.000 Mitarbeiter. Außerdem werden finanzielle Kriterien in Höhe von 50 Millionen Euro Umsatz oder 25 Millionen Euro Bilanzsumme festgelegt. Branchenanalysten gehen davon aus, dass diese Änderung die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen um etwa 80 % reduzieren und damit den Kreis der Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichte vorlegen müssen, erheblich verkleinern wird.
Darüber hinaus hat die EU im Rahmen des Omnibus-Pakets die „Stop-the-Clock“-Richtlinie verabschiedet, um die Berichts- und Sorgfaltspflichten für die meisten Unternehmen aufzuschieben. Insbesondere Unternehmen, die als „Wave 2“-Unternehmen definiert sind, also große Unternehmen, die ab 2026 mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung hätten beginnen müssen, können nun zwei weitere Jahre bis 2028 warten, bevor sie mit der Berichterstattung beginnen müssen. Darüber hinaus haben die börsennotierten KMU, die als „Wave 3“-Unternehmen eingestuft sind, nun bis 2029 Zeit, um mit ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung zu beginnen. Die „Stop-the-Clock“-Richtlinie verschiebt auch die neuen CSDDD-Anforderungen für die größten Unternehmen um ein Jahr.
Diese Verlängerung trägt den Herausforderungen bei der Erhebung von ESG-Daten und der Einrichtung der erforderlichen Prozesse Rechnung und gibt den Unternehmen mehr Zeit für die Vorbereitung. Unternehmen, die noch nicht unter die CSRD fallen, profitieren ebenfalls von einer vorübergehenden Aussetzung der obligatorischen Berichterstattung gemäß der EU-Taxonomie.
Während einige Unternehmen geringere Verpflichtungen begrüßen, weisen andere darauf hin, dass diese Änderungen die Kosten und Berichtspflichten für Unternehmen weiter erhöhen könnten. „Eine Änderung der Standards für EU-Unternehmen, die Teil einer größeren Gruppe sind und diese bereits umgesetzt haben, wird nur zusätzliche Kosten und Meldepflichten mit sich bringen, da sich der Rahmen ändern wird, was wiederum höhere Kosten für die Umsetzung dieser Änderung verursacht“, sagte Héléna Charrier, Leiterin für sozial verantwortliches Investieren bei La Banque Postale Asset Management (LBPAM).
Auswirkungen für Finanzinstitute hinsichtlich der Berichterstattung gemäß der EU-Taxonomie
Gemäß dem geänderten delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Offenlegung können Banken bis Dezember 2027 eine Befreiung von der EU-Taxonomie-Berichterstattung beantragen, wenn sie nachweisen, dass sie keine Risiken in Bezug auf taxonomiekonforme Aktivitäten haben. Dies stellt eine erhebliche operative Erleichterung für Institute dar, die nur in geringem Umfang im Bereich der nachhaltigen Finanzierung tätig sind, und ermöglicht eine effizientere Zuweisung von Ressourcen.
Die neuen Vorschriften schließen auch bestimmte Anlageklassen, darunter Derivate, Zahlungsmitteläquivalente, Interbankenkredite auf Abruf, Goodwill und Rohstoffe, von der Berechnung der Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators, KPI) aus. Durch die Präzisierung der Berichtspflichten trägt das Rahmenwerk der Tatsache Rechnung, dass bestimmte Vermögenswerte nicht den Kriterien der EU-Taxonomie entsprechen, und reduziert damit die Komplexität und die Compliance-Kosten für Banken.
Wichtig ist, dass sich die Europäische Bankenvereinigung für eine Angleichung der Berechnung der Green Asset Ratio (GAR) an den reduzierten Anwendungsbereich der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) eingesetzt hat. Bei diesem Ansatz werden Engagements gegenüber nicht berichtspflichtigen Unternehmen aus dem Nenner herausgenommen, wodurch ein genaueres Bild der nachhaltigen Kredit- und Anlageportfolios entsteht.
Jüngste Branchenstudien, in denen 140 Banken in 15 europäischen Ländern analysiert wurden, zeigen, dass etwa 20 % der Finanzinstitute direkt von reduzierten Meldepflichten profitieren könnten. Besonders deutlich sind die Auswirkungen in den nordischen Ländern, wo über 50 % der Banken ausgenommen sein könnten, sowie in Belgien, den Niederlanden und Deutschland, wo etwa 30 % der Banken betroffen sind.
EFRAGs vereinfachtes ESRS mit 60-tägiger öffentlicher Konsultation
Die Nachrichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung beschränken sich nicht nur auf das Omnibus-Vereinfachungspaket. Am 31. Juli 2025 veröffentlichte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) Entwürfe für vereinfachte europäische Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) mit dem Ziel, „die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der CSRD überschaubarer zu gestalten und gleichzeitig ihre Relevanz und Übereinstimmung mit dem Europäischen Grünen Deal zu wahren“.
Die vereinfachten Standards führen zu einer Reduzierung der obligatorischen Datenpunkte um etwa 57 % über alle Standards hinweg, wobei freiwillige Datenpunkte vollständig entfallen. Die neu strukturierten Standards trennen obligatorische Inhalte von Leitlinien, wobei ein neues Dokument mit nicht obligatorischen illustrativen Leitlinien (NMIG) kontextbezogene Unterstützung bietet, ohne zusätzliche rechtliche Verpflichtungen zu schaffen. Diese architektonische Änderung zielt darauf ab, sowohl die Benutzerfreundlichkeit als auch die Effizienz der Compliance zu verbessern.
Es ist wichtig zu beachten, dass die vereinfachten Standards das zentrale Prinzip der doppelten Wesentlichkeit beibehalten und gleichzeitig praktische Überlegungen für die Umsetzung einführen. Der neue „Top-down”-Ansatz ermöglicht es Unternehmen, ihre Bewertungen auf Bereiche zu konzentrieren, in denen wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen am wahrscheinlichsten auftreten.
„Die EFRAG stimmt voll und ganz mit der strategischen Vision der Europäischen Kommission überein. Diese Überarbeitungen zielen darauf ab, das zu liefern, was Europa derzeit braucht: ein fokussierteres, besser nutzbares Nachhaltigkeitsberichterstattungssystem, das weiterhin ambitioniert ist, aber die Unternehmen nicht übermäßig belastet. Aufbauend auf positiven Erfahrungen geht es darum, das ESRS praktikabler zu gestalten, damit die Nachhaltigkeitsberichterstattung die Widerstandsfähigkeit, Investitionen und die langfristige Wertschöpfung unterstützt, anstatt sie zu behindern“, sagte Patrick de Cambourg, Vorsitzender des EFRAG Sustainability Reporting Board.
Die öffentliche Konsultation läuft bis zum 29. September 2025. Interessengruppen wie Wirtschaftsprüfer, Zivilgesellschaft, Investoren und nationale Behörden sind aufgefordert, die aktualisierten Entwürfe zu prüfen und Feedback zu geben.
Kritische Warnung von EZB-Präsidentin Lagarde
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat die EU-Gesetzgeber gewarnt, dass Bemühungen zur Schwächung der Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung die Fähigkeit der EZB zur Bewältigung klimabezogener Finanzrisiken untergraben könnten.
In ihrem Schreiben betonte Lagarde, dass der Klimawandel tiefgreifende Auswirkungen auf die Preisstabilität und das Finanzsystem insgesamt hat. Sie hob hervor, dass die EZB hochwertige Klimadaten auf Unternehmensebene benötigt, um diese Überlegungen in den geldpolitischen Rahmen des Eurosystems zu integrieren.
Während einige Gesetzgeber noch tiefere Kürzungen gefordert haben, warnte Lagarde, dass die vorgeschlagene Einschränkung des Anwendungsbereichs der CSRD die Verfügbarkeit solcher Daten stark einschränken und damit die Fähigkeit der EZB schwächen würde, detaillierte Bewertungen klimabezogener Finanzrisiken in ihrer Bilanz und ihrem Sicherheitenrahmen durchzuführen. Sie wies ferner darauf hin, dass weitere Verzögerungen und Änderungen an der CSRD und der CSDDD die klimabezogenen Initiativen der EZB behindern könnten.
Der EZB-Präsident forderte schließlich Änderungen, die „das richtige Gleichgewicht zwischen der Beibehaltung der Vorteile der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die europäische Wirtschaft und das Finanzsystem und der Gewährleistung verhältnismäßiger Anforderungen herstellen“.
Vorbereitung auf die Zukunft: Chancen und Herausforderungen
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der regulatorischen Vereinfachungen stellen einen bedeutenden Moment in der Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung dar und bringen sowohl Erleichterungen als auch Unsicherheiten für Finanzinstitute mit sich. Die Verringerung des Verwaltungsaufwands und die Verlängerung der Fristen verschaffen zwar willkommene Atempausen, bringen aber auch Herausforderungen und vorerst mehr Unsicherheit mit sich.
Für Banken und andere Finanzinstitute ist dies sowohl ein Aufruf zu vorsichtigem Handeln als auch eine strategische Chance. Es erfordert ein sorgfältiges Abwägen zwischen reduzierten Compliance-Kosten und der Notwendigkeit, weiterhin in digitale Lösungen zu investieren, während gleichzeitig Transparenz, Datenintegrität und langfristige Nachhaltigkeit gewährleistet bleiben müssen.
Der laufende Gesetzgebungsprozess bedeutet, dass sich Finanzinstitute flexibel vorbereiten und robuste Grundkompetenzen aufbauen müssen, die ihnen bei allen möglichen regulatorischen Ergebnissen zugutekommen. Der Einsatz fortschrittlicher Technologien wie dem KI-gestützten TAXO TOOL von DYDON AI für die Berichterstattung gemäß der EU-Taxonomie wird unerlässlich sein, um die Datenerfassung zu automatisieren, sich dynamisch an veränderte regulatorische Anforderungen anzupassen und zuverlässige Berichte zu erstellen.

Institutionen, die diese Zeit nutzen, um ihre Nachhaltigkeitsberichterstattungssysteme zu stärken, werden nicht nur den sich wandelnden regulatorischen Anforderungen gerecht, sondern auch ihre strategische Positionierung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Finanzdienstleistungsbranche verbessern. Mit einem zukunftsorientierten Ansatz, der auf Innovation und Resilienz basiert, können Finanzinstitute die durch die Regulierung auferlegten Herausforderungen in Wettbewerbsvorteile umwandeln.
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